Das wichtigste Utensil des zeitgemäßen Menschen aber ist etwas anderes: die Leinentasche. Alle, die sich für das Thema Erderwärmung interessieren, nehmen die Leinentasche ernst. Die Leinentasche wird auch gerne mal augenzwinkernd als „Jutebeutel“ bezeichnet; wahrscheinlich, weil das mehr nach Hauptstadt klingt.
Auch ich besitze eine umfangreiche Leinentaschenkollektion, die zwischen diversen Jacken am Kleiderständer rumbaumelt und deren Kernbestandteile bei jedem An- und Ausziehen runterfallen. Ständig nimmt mensch sich vor, endlich auszusortieren und nur die guten Exemplare zu behalten, die von der kleinsten Kaffeerösterei Bielefelds oder dem Lieblingsplattenladen und vielleicht noch die von der Klostergärtnerei Maria Laach. Aber die unzähligen Bioladen- und Apotheken-Beutel? Ein Fluch! Und wirklich praktisch ist die Leinentasche überhaupt nicht. Spätestens auf dem Fahrrad merken wir es. Klar im Vorteil ist da, wer die Rucksack-Variante des Jute-Beutels (den Jutesack?) trägt. Es ist nicht verwunderlich, dass die Leinentasche heute ihr bislang vermutlich größtes Revival feiert. Worin ließen sich die alten Ägypter wohl einwickeln, bevor sie für die Ewigkeit konserviert in den Sarkophag gelegt wurden? Jawohl, in Leinen natürlich! Das edle Gewebe symbolisiert somit wie kein anderes Fortschritt, Rückschritt und Stillstand zugleich. Auf ihr tragen wir politische und kulturelle Statements, in ihr unser anachronistisches Unterbewusstsein spazieren, es kullert darin neben dem Moleskine-Notizbuch und einem Netz Bio-Äpfel herum und kann zu Hause am Kleiderständer aufgehangen werden. Nimm mich mit, hol mich raus, Ramses!